Erstattungsfähigkeit der Sachverständigenkosten als Schadensersatz
Wenn Sie in einen Unfall verwickelt worden sind, so stellt sich spätestens bei der Bezifferung des Schadensersatzes die Frage, wie hoch der Schadensersatz in Bezug auf die unfallbedingten Schäden an Ihrem Kraftfahrzeug sind. Im Rahmen dessen ist der Geschädigte in der Regel auf die Angaben eines Sachverständigen angewiesen, wodurch Kosten entstehen und im Einzelfall die Erstattungsfähigkeit dieser durch den Unfallverursacher und dessen Versicherung zu klären ist.
Die durch die Inanspruchnahme entstandenen Kosten eines Sachverständigen, welchen Sie selbst aussuchen können, sind in der Regel vom Schädiger als Schadensersatz zu zahlen, da es sich hierbei um erforderliche Kosten für den Wiederherstellungsaufwand handelt (§ 249 Abs. 2 BGB).
Eine Erstattungsfähigkeit dieser Kosten kommt jedoch nur in Betracht, wenn die Einholung eines Sachverständigengutachten aus der Sicht des Geschädigten erforderlich und zweckmäßig ist. Ob dies aus der Sicht des Geschädigten gegeben ist, bedarf im Streitfall einer konkreten Darlegung im Einzelfall.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass zum Teil durch die Rechtsprechung bei sogenannten Bagatellschäden (ca. 800,00 €) die Erforderlichkeit verneint wurde, da man davon ausgeht, dass eine Regulierung unter Zugrundelegung eines Kostenvoranschlages möglich ist, wobei der BGH in seinem Urteil vom 30.11.2004, VI ZR 365/03 im konkret Fall ein Schaden in Höhe von 715,81 €, nicht mehr als Bagatellschaden angesehen hat.
Bei der Frage, ob ein Bagatellschaden vorliegt und aus der Sicht des Geschädigten die Hinzuziehung eines Sachverständigen erforderlich und zweckmäßig ist, muss daher u.a. auf die konkreten Umstände im jeweiligen Einzelfall, insbesondere auf die erkennbaren oder gar in Betracht zu ziehenden verdeckten voraussichtlichen Unfallschäden abgestellt werden.
Gutachterkosten als unteilbare Rechtsverfolgungskosten ?
Neben der Frage der grundsätzlichen Erstattungsfähigkeit der Gutachterkosten, kann es zu einem weiteren Problem dann kommen, wenn dem Geschädigten eine Mithaftung trifft und somit die weitergehende Frage zu stellen ist, ob insoweit auch die Gutachterkosten -entsprechend der Haftungsquote- zu kürzen sind.
Nach der überwiegenden Rechtsprechung und Regulierungspraxis der Versicherer, werden (derzeit) auch die Gutachterkosten nur entsprechend der Haftungsquote gezahlt. Insoweit liegt jedoch die 1. Entscheidung eines Oberlandesgerichts (OLG Rostock, Urteil vom 25.02.2011, 5 U 122/10) veröffentlicht vor, welche im Falle eines Unfalls auf einem Parkplatz von einer Haftung zu Gunsten des Geschädigten von 2/3 ausging, jedoch die dem Geschädigten entstandenen Gutachterkosten nicht entsprechend der Haftungsquote gekürzt hat.
Als Begründung führt das Gericht hierzu im Wesentlichen aus, dass die Sachverständigenkosten Rechtsverfolgungskosten seien, deren Ersatz gegenüber dem Schädiger im Rahmen der §§ 249 f.f. BGB begründet ist, wenn diese Kosten aus der Sicht des Geschädigten im Zeitpunkt der Beauftragung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich waren. Hiervon wird ausgegangen, wenn ein verständig wirtschaftlich denkender Mensch nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte. Die Sachverständigenkosten sind nach Ansicht des Gerichts in vollem Umfang erstattungsfähig, weil diese erst dann (deshalb) entstehen, wenn (weil) der Geschädigte seinen erstattungsfähigen Anteil des Gesamtschadens gegenüber dem Schädiger beziffern und belegen muss. Sie würden nicht anfallen, wenn der Geschädigte den Unfall selbst verursacht hätte und dienen daher im Falle der Mithaftung dazu, den aufgrund der jeweiligen Haftungsquote erstattungsfähigen Anteil vom Schädiger ersetzt zu bekommen (Amtsgericht Siegburg, Urteil vom 31.03.2010,DAR 2010,389).Anders als bei den Rechtsanwaltskosten, kann ein Anteil entsprechend den Schadensverursachungsbeiträgen nicht errechnet werden, weil der Sachverständige insoweit eine nicht teilbare Gesamtleistung erbringt und nicht etwa nur die Reparaturkosten nach einer Quote errechnet, weshalb nach Ansicht des Gerichts die angefallenen Gutachterkosten (ungekürzt-unteilbar), unabhängig von einer bestehenden Mithaftungsquote, zu 100 % vom Schädiger zu ersetzen sind. Ob sich die dahingehende Rechtsprechung in der Praxis und im Rahmen des Regulierungsverhalten der Versicherer durchsetzen wird, bleibt abzuwarten und hängt nicht zuletzt von weiterer hierauf gegebenenfalls folgender (veröffentlichter) Instanzrechtsprechung ab.
Zu dieser letztendlich umstrittenen Frage, hat nunmehr der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 07.02.2012, Aktenzeichen VI ZR 133/11, eine Entscheidung getroffen. Der für das Schadensrecht zuständige VI. Zivilsenat beim Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung unter anderem klargestellt, dass die Sachverständigenkosten genauso wie die weiteren Schadenspositionen eines Geschädigten (nur) im Umfang der jeweiligen Haftungsquote zu ersetzen sind. Es ist daher nunmehr damit zu rechnen, dass auch die Instanzgerichte dieser Auffassung folgen und demnach im Ergebnis mehr Rechtssicherheit in der Praxis hierdurch gewährleistet wird.
Als Rechtsanwalt in Oranienburg vertrete ich Sie im Verkehrsrecht und setze Ihre berechtigten Ansprüche gegen den Unfallverursacher und dessen Versicherung durch. Weshalb Sie einen Rechtsanwalt in Anspruch nehmen sollten und inwieweit dessen Kosten als Schadensersatz erstattungsfähig sind, können Sie über den nachfolgenden Link nachlesen: