Reparaturkostenersatz und Verweiswerkstatt

In der Praxis kommt es im Rahmen der Abwicklung von verkehrsrechtlichen Mandaten zunehmend vor, dass der Kfz-Haftpflichtversicherer des Schädigers bei der Geltendmachung des Ersatzes von fiktiven Reparaturkosten durch den Geschädigten unter Zugrundelegung der von einem Sachverständigen festgestellten Reparaturkosten diese mit der Begründung kürzt, dass durch die Reparatur der unfallbedingten Schäden in einer „freien Fachwerkstatt“ geringere Kosten entstehen, die insbesondere aus niedrigeren Stundenverrechnungssätzen oder gar Materialpreisen bestehen, so dass daher der geforderten Schadensersatz in Höhe der vom Sachverständigen ausgewiesenen Reparaturkosten entsprechend zu kürzen sei.

Zu dieser Problematik hat nunmehr der BGH nochmals zusammenfassend mit einer Entscheidung, Urteil vom 22.06.2010, Akz.: VI ZR 337/09 sowie BGH, Urteil vom 23.02.2010, Akz.: VI ZR 91/09, sehr ausführlich Stellung genommen.

Hiernach gilt folgendes:

Grundsätzlich hat der Geschädigte wegen der Beschädigung einer Sache gegen den Schädiger einen Anspruch auf den erforderlichen Geldbetrag (Schadensersatz) zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes, welcher sich danach richtet, wie sich ein verständiger wirtschaftlich denkender Eigentümer in der Lage des Geschädigten verhalten hätte. Der Geschädigte leistet dem Gebot der Wirtschaftlichkeit unter Berücksichtigung der Grenzen nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im allgemeinen Genüge, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zu Grunde legt, welche auf der Grundlage eines von ihm eingeschalteten Sachverständigen auf dem für ihn maßgeblichen allgemeinen regionalen Markt ermittelt wurden ( BGH, Urteil 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09 ).

Hiervon abweichend kann der Schädiger dem Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer "freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn

1.

diese für den Geschädigten mühelos und ohne Weiteres zugänglich ist,

2.

der Schädiger (oder Haftpflichtversicherer) darlegt sowie im Streitfall beweist, dass eine Reparatur der unfallbedingten Schäden in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der vom Geschädigten beabsichtigten Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht und

3.

wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, welchem diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen würden.

Von einer Unzumutbarkeit der Reparatur in einer "freien Fachwerkstatt" für den Geschädigten kann in der Regel ausgegangen werden, wenn der Grund für die kostengünstigere Reparatur in der "freien Fachwerkstatt" und deren nicht marktüblichen Preisen darin liegt, weil die geringeren veranschlagten Reparaturkosten der "freien Fachwerkstatt" auf vertraglichen Vereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers und den insoweit gewährten Sonderkonditionen basieren. Würde man dem Schädiger in einem solchen Fall den Verweis auf die billigere "freie Fachwerkstatt" zubilligen, so würde man die dem Geschädigten nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zustehende Ersetzungsbefugnis zur Schadensbehebung in eigener Regie verwehren und ihm im Ergebnis indirekt dazu zwingen, die beschädigte Sache dem Schädiger oder einer von ihm ausgewählten Personen zur Reparatur anzuvertrauen, was nicht dem Leitbild des Schadensrechtes insoweit entspräche.

Im Falle der Verweisung des Schädigers auf eine billigere "freie Fachwerkstatt" ist daher u.a. entscheidend, inwieweit die von der "freien Fachwerkstatt" kalkuliertem Reparaturkosten den marktüblichen Preisen entspricht und wenn dies nicht der Fall ist, inwieweit deren hiervon abweichendes Kostenangebot auf einer vertraglichen Vereinbarung (Vertragswerkstatt des Haftpflichtversicherers) beruht. Zudem muss insoweit berücksichtigt werden, dass der Schädiger im Streitfall zu beweisen hat, dass es dem Geschädigten zumutbar war die günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit wahrzunehmen, was im Ergebnis dem Grundsatz entspricht, dass der Schädiger die Tatsachen zu beweisen hat, aus denen sich ein Verstoß des Geschädigten gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht im Sinne des §§ 254 Abs. 2 BGB ergäbe.

Besonderes Augenmerk ist hierbei auf die konkreten Umstände zu legen, im Rahmen dessen der Geschädigte insbesondere im Falle des Vorliegens (lediglich) eines Kostenvoranschlages darzulegen hat, welche Nachteile oder Risiken bestehen und weshalb hierauf beruhend die von ihm begehrte kostenintensivere Reparaturmöglichkeit nicht mit der vom Schädiger angebotenen billigeren Reparatur in einer anderen Werkstatt als gleichwertig anzusehen ist. Andere Gesichtspunkte sind hierbei als untergeordnet anzusehen, soweit es sich bei dem beschädigten Pkw um ein älteres Fahrzeug mit hoher Laufleistung handelt.

Sollten sie in einen Verkehrsunfall verwickelt worden und ihr Fahrzeug (Pkw) durch einen Verkehrsunfall (Unfall) beschädigt worden sein, sollte bei Streit über die Höhe der Reparaturkosten / des zu zahlenden Schadensersatzes mit dem Schädiger und dessen Versicherung (Kfz-Haftpflichtversicherung) eine Beratung bei einem Rechtsanwalt im Verkehrsrecht in Anspruch genommen werden. Als Rechtsanwalt in Oranienburg berate ich sie im Verkehrsrecht und vertrete sie bei der Durchsetzung ihrer berechtigten Schadensersatzansprüche gegen den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung, sei es außergerichtlich oder gar letztendlich vor Gericht.

Weitergehende Informationen zu den einem Geschädigten zustehenden Ansprüchen, finden sie auch über den nachstehenden Link "Unfall - Ansprüche".